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Ahmed Huber, der Mann, der bei der SPS den Antisemitismus erfand

Von Hannah Einhaus

Das Leben des Ahmed Huber, der den Pro-Palästina-Aktivismus in die Schweiz brachte.

«Genozid», «ethnische Säuberung», «Vertreibung»: Diese Vorwürfe gegen Israel, verbunden mit Boykottmassnahmen, sind alle in der am 25. Oktober in Sursee verabschiedeten SP-Resolution genannt. Dass sich die Sozialdemokraten so klar gegen Israel wenden, erstaunt nicht. Die Palästina-Solidarität mit zum Teil fragwürdigem Inhalt hat bei der Schweizer Linken eine lange Tradition.

Ein früher Vorreiter bei der SP war in den 1960er Jahren der Berner Journalist Ahmed Huber. Nach einer Begegnung mit dem ehemaligen Grossmufti von Jerusalem und Hitler-Freund Mohammed Amin al-Husseini in Beirut importierte er dessen Vernichtungsideologie direkt in die Schweiz.

Beim Ex-Nazi in Kairo

Albert Friedrich Armand Huber, so sein bürgerlicher Name, war mit einer Ägypterin verheiratet und konvertierte 1962 bei der Muslimbruderschaft in Genf zum Islam. Seinen Glauben vertiefte er in Kairo. Der Journalist und Politiker, der sich fortan Ahmed Abdallah Ramadan al-Swissri nannte, war zuvor als SP-Unterstützer des algerischen Unabhängigkeitskriegs mit dem Islam in Kontakt gekommen.

Während längerer Aufenthalte in Kairo freundete er sich mit dem ehemaligen Nazipropagandisten Johann von Leers an, auch er ein Konvertit. Von Leers war einst enger Mitarbeiter des NS-Reichspropagandaleiters Joseph Goebbels. In Kairo sorgte er von 1955 bis zu seinem Tod im Jahr 1965 für eine wirksame Verbreitung von Judenhetze und Vernichtungsideologie im arabischen Sprachraum.

Durch von Leers erhielt Huber 1965 Zugang zum ehemaligen Grossmufti von Jerusalem, der damals 70-jährig in Beirut lebte. Seit der britischen Mandatszeit ab den 1920er Jahren galt für Mohammed Amin al-Husseini: Palästina ist Teil des Dar al-Islam, des islamischen Raums. Kein Zoll den Juden, kein Zoll den imperialen Mächten. Das Selbstbestimmungsrecht der Völker schien im Fall der Juden keine Gültigkeit zu haben.

Begegnung war eine «Offenbarung»

Husseini war von der jüdischen Weltverschwörung überzeugt und schrieb den Juden teuflische Kräfte zu. Als gewichtige Stimme in der 1928 in Kairo gegründeten Muslimbruderschaft gelang es ihm, dieses Feindbild vom übermächtigen «Juden» und «Zionisten» erst in der muslimischen Welt, später im «globalen Süden» zu etablieren.

Ahmed Huber erzählte in einem späteren Interview mit dem französischen Journalisten Pierre Péan, die Begegnung mit Husseini sei für ihn eine «Offenbarung» gewesen. Sie habe ihm eine «komplett andere Version» von Geschichte und Natur des «Dritten Reiches» aufgezeigt.

Nach seiner Rückkehr nach Bern begann Huber, dessen Narrative zu verbreiten – antikolonial, antisemitisch, proarabisch und gespickt mit islamistischer und nationalsozialistischer Propaganda. Zu diesem Zeitpunkt arbeitete er unter anderem als Bundeshauskorrespondent der Zeitungen des AZ-Rings, die der Sozialdemokratischen Partei nahestanden.

Israel, das in der Schweiz bis Ende der 1960er Jahre von rechts bis links Sympathien als demokratischer Kleinstaat in einem feindlichen Umfeld genoss, sprach er nach Mufti-Manier das Existenzrecht ab. In der nonkonformistischen Zeitschrift «Neutralität» publizierte er 1967 und 1968 zwei aufschlussreiche Artikel.

Ein Staat, der nicht unter islamischem Recht stehe, habe keine Aussicht auf Anerkennung und Frieden, schrieb er in der Ausgabe vom September 1967, kurz nach dem Sechstagekrieg. «Wer sich im Dar-al-Islam mit List und Gewalt niederlässt und Moslems bedrängt oder vertreibt, gegen den schreibt Gott im Qur-ân den Jihad vor – den Heiligen Verteidigungskrieg des Islam.»

Anders gesagt: Ein Staat unter jüdischer Souveränität ist für Islamisten inakzeptabel, ein Frieden undenkbar. Diese Haltung des Jihad habe jedoch «schon lange vor 1948 begonnen». Der Artikel war also keine Reaktion auf den Sechstagekrieg wenige Monate zuvor, sondern eine Absage an das Existenzrecht Israels schlechthin.

SP-Mitglied mit Kontakten zu Rechtsextremen

Nach seiner Rückkehr aus Kairo in die Schweiz baute Huber enge Verbindungen zum Lausanner Financier und NS-Sympathisanten François Genoud auf, der im Eichmann-Prozess die Verteidigung finanziert hatte und ab 1969 für palästinensische PFLP-Terroristen aktiv wurde. In den 1970er und 1980er Jahren intensivierte Huber seine Beziehungen zu den Mullahs, die seit 1979 Iran regieren.

Bis zu seiner Pensionierung 1989 arbeitete Huber als Journalist für verschiedene Schweizer Zeitungsverlage. Nach der SP-Presse in den 1960er Jahren folgten «Basler Zeitung», «Weltwoche» und «Deutscher Depeschendienst», ab 1981 schliesslich Ringier.

Nach 1989 begann seine engere Zusammenarbeit zwischen Rechtsextremen, Holocaustleugnern und Islamisten, einschliesslich Irans. Zum Rauswurf aus seiner SP-Sektion Bern Ost kam es erst 1994, als diese Vernetzungen nach rechts aussen publik wurden. Als Mitbegründer einer Bank in Lugano stand er ab 2001 bis zu seinem Tod 2008 als einziger Schweizer auf der Terrorliste der USA. Die Bank stand unter Verdacht, bei der Finanzierung des Anschlags vom 11. September 2001 in New York beteiligt gewesen zu sein.

Debatte mit Pfarrer Kurt Marti

Mit seiner antizionistisch-antikolonialen Position stand Huber 1967 in der SP noch einsam da. Der Sechstagekrieg hatte in Schweizer Städten zu zahlreichen Solidaritätsaktionen mit Israel geführt, auch Berns sozialdemokratischer Stadtpräsident Reynold Tschäppät war aktiv geworden. Im Zuge der 68er Revolte sollte sich das bald ändern: Der Antizionismus gehörte je länger, je mehr zum Selbstverständnis der europäischen Linken.

Im März 1968 doppelte Huber in der «Neutralität» nach. Unter dem Titel «Plädoyer für Rassenmischung» preist er den Islam als «farbenblinde Religion», die keine Rassengrenzen kenne. Als Kontrast zeichnet er den aktuellen «Rassenwahn» – mit Bezug unter anderem auf Rassenunruhen in den USA – als «alttestamentarisch-christlich-abendländisches Phänomen».

In der Seele des Abendländers habe sich ein Rassenmythos festgesetzt, die Quelle sei im Alten Testament zu finden, dort stünden die «Wahnideen über Blut und Rasse». Mit Verweisen auf konkrete Stellen in den Büchern Mose gab er vor, eine Verdammung der Schwarzen zur ewigen Sklaverei, einen «Genozid gegen Untermenschen» und eine «Rassenschande als Tatbestand» zu belegen. In der nächsten Ausgabe der «Neutralität» zerlegte der Berner Pfarrer Kurt Marti in einem langen, fundierten Leserbrief Hubers Artikel.

Hubers Saat trägt Früchte

Ahmed Huber hatte 1967 in der SP noch als einsamer Rufer in der Wüste begonnen. Seine kontinuierliche Propaganda in den AZ-Medien unter dem Chefredaktor Helmut Hubacher wurde begleitet von Vernichtungsbotschaften gegen Israel bei den Terroranschlägen der PFLP in Europa und der arabischen Staaten im Jom-Kippur-Krieg 1973. Der PLO-Chef Yasir Arafat trug 1974 mit seinem Auftritt in der Uno in New York die Auslöschung Israels als Formel für den kolonialen Widerstand erfolgreich auf die Weltbühne.

Arafat war der politische Ziehsohn des Hitler-Freunds Mohammed Amin al-Husseini. Ein Jahr nach Arafats Auftritt, am 10. November 1975, verdammte die Uno Zionismus offiziell als Rassismus – ein weiterer Triumph für den inzwischen verstorbenen Grossmufti von Jerusalem. Zionismus stand als Selbstbestimmungsrecht für Jüdinnen und Juden nicht mehr zur Debatte. Antizionistische Positionen waren mit diesem Uno-Beschluss nun offiziell Anliegen des Menschenrechts. Auch der im selben Jahr gewählte SP-Schweiz-Parteipräsident Helmut Hubacher und die kurz zuvor gegründeten Juso sahen das so. Die Uno hob die 1975 verabschiedete Resolution 1991 zwar auf. Doch die Position, Zionismus sei Rassismus, hielt sich in der Linken hartnäckig.

Heute mehrheitsfähig in der SP Schweiz

Sozialdemokraten, Grüne und Teile der reformierten Kirchen haben in der Schweiz seither Netzwerke gebaut, welche die PLO, die PFLP und später zum Teil auch die Hamas in der Schweiz salonfähig gemacht haben. Huber dürfte vor allem in den ersten Jahren ein wichtiger Türöffner zwischen Bundesbern, der SP, dem internationalen Genf und arabischen Kontakten gewesen sein. Jene SP-Mitglieder, die Zionismus weiterhin in seiner ursprünglichen Bedeutung als nationale Selbstbestimmung des jüdischen Volkes betrachteten, gerieten zunehmend in die Defensive und sind heute in der SP praktisch verstummt – oder ausgetreten.

Bei der SP Schweiz haben Ende Oktober nun zwei Drittel der Delegierten beschlossen, Israel des «Genozids» zu bezichtigen und mit einem Boykott abzustrafen. Sie halten somit den ideologischen Kurs des NS- und Grossmufti-Anhängers Albert Ahmed Huber für glaubwürdig und für nicht weiter problematisch.

Global sind sie damit in guter Gesellschaft, etwa mit New Yorks neuem Star Zohran Mamdani. Sofern man die Ziele von Nazis und Jihadisten – Judenvernichtung und globale Intifada – als «gut» bezeichnen will.


Hannah Einhaus ist eine Berner Historikerin und Publizistin. 2024 beendete sie nach 27 Jahren ihre Mitgliedschaft bei der SP aus Protest gegen die antiisraelische Haltung der Partei.

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