Podcast mit Arye Sharuz Shalicar- Täglicher Kriegsbericht aus Israel
4. Mai 2024Hamas’ zynischer Deal: Tote Geiseln gegen Waffenruhe
8. Mai 2024Somms Memo: Warum Israel Rafah erobern muss – Eine Gebrauchsanleitung
Die Fakten: Israel greift Rafah an. Es ist die letzte Bastion der Hamas. Warum das wichtig ist: Wenn eine Verhandlungslösung möglich sein soll, dann nur so: Mit Druck, mit Gewalt.
Am Montag gab Hamas, eine palästinensische Terrororganisation, bekannt, dass sie einer Feuerpause mit Israel zugestimmt habe. Kurz darauf wurde in Gaza gefeiert, die Menschen jubelten. Doch Israel dementierte umgehend: Das Angebot der Terroristen und Geiselnehmer reiche nicht aus. Man lehne es ab.
Seither sind die israelischen Truppen gegen Rafah vorgerückt. Das könnte das Ende der Hamas einleiten. Israel vermutet in Rafah die letzten vier Bataillone der Hamas, deren Führung sowie die restlichen Geiseln. Nach wie vor befinden sich schätzungsweise 120 Menschen in Gefangenschaft der Hamas, die meisten davon sind Israelis, manche stammen aber auch aus anderen Ländern, so sind etwa fünf Geiseln Amerikaner.
Israel löste den Angriff aus, nachdem dessen Regierung (eine breite Koalition vom Zentrum bis zur extremen Rechten) einstimmig die Offensive beschlossen hat – und das obwohl die Uno protestierte, und noch wichtiger: obwohl der amerikanische Präsident Joe Biden den israelischen Premier Benjamin Netanjahu noch am Montag vor diesem Schritt gewarnt hatte.
Die Motive von Biden sind klar, wenn auch fragwürdig: Es herrscht Wahlkampf in den USA, und Biden bangt um die Stimmen der muslimischen Amerikaner sowie der äusseren Linken. Er überschätzt sie, so mein Eindruck, so viele Linksextreme gibt es gar nicht.
Seither sind die israelischen Truppen gegen Rafah vorgerückt. Das könnte das Ende der Hamas einleiten. Israel vermutet in Rafah die letzten vier Bataillone der Hamas, deren Führung sowie die restlichen Geiseln. Nach wie vor befinden sich schätzungsweise 120 Menschen in Gefangenschaft der Hamas, die meisten davon sind Israelis, manche stammen aber auch aus anderen Ländern, so sind etwa fünf Geiseln Amerikaner.
Israel löste den Angriff aus, nachdem dessen Regierung (eine breite Koalition vom Zentrum bis zur extremen Rechten) einstimmig die Offensive beschlossen hat – und das obwohl die Uno protestierte, und noch wichtiger: obwohl der amerikanische Präsident Joe Biden den israelischen Premier Benjamin Netanjahu noch am Montag vor diesem Schritt gewarnt hatte.
Die Motive von Biden sind klar, wenn auch fragwürdig: Es herrscht Wahlkampf in den USA, und Biden bangt um die Stimmen der muslimischen Amerikaner sowie der äusseren Linken. Er überschätzt sie, so mein Eindruck, so viele Linksextreme gibt es gar nicht.
Dennoch nimmt er Rücksicht auf sie – obschon die zahlreichen Studentenproteste an den besten Universitäten des Landes unmissverständlich aufgezeigt haben, was das für Leute sind, die sich gegen Israel in Stellung bringen: Antisemiten, Amerikahasser, Neo-Faschisten (wenn auch links angemalt).
Fragwürdig, weil er seinem engsten und loyalsten Verbündeten in den Arm fällt – in schwerer Zeit. Amerika unter Biden: Wer solche Freunde hat, das dürfte manchen Israelis durch den Kopf gehen, braucht sich um seine Feinde nicht mehr kümmern. Im Gegensatz zu den vielen überflüssigen Kriegen, die Amerika in jüngster Vergangenheit geführt hat (Afghanistan, Irak, Libyen), ist die Auseinandersetzung um Gaza für Israel kein War of Choice, kein Krieg der eigenen Wahl. Es geht um die Existenz.
Israel kann gar nicht anders als Rafah zu erobern. Zwei Überlegungen:
Hamas will Israel vernichten. «From the River to the Sea», vom Jordan bis zum Mittelmeer, «Palestine will be free», Palästina soll frei sein, – so heisst die Losung, was mit anderen Worten bedeutet: es gibt keinen Platz mehr für Juden im neuen Palästina. Man strebt keine Zweistaatenlösung an, sondern eine Einstaatenlösung zugunsten der Araber. Wer Zweifel daran hat, soll die Charta der Hamas genau lesen. Mit einer solchen Organisation kann man keinen Frieden schliessen. Hamas muss zerstört werden – und das lieber heute als morgen.
Das Beispiel der ISIS hat gezeigt: Eine Terrororganisation, die es fertigbringt, ein eigenes Territorium zu besetzen, ist ungleich gefährlicher und deshalb umso schwieriger zu überwältigen als eine «normale» Terrororganisation. Wer sich auf einen eigenen Staat stützt, kann fast jede Niederlage wegstecken – weil er sich danach wieder unbehelligt aufbauen kann.
Das droht auch in Gaza. Deshalb irren jene, die meinen, eine Feuerpause könnte den Frieden befördern. Das Gegenteil trifft zu: Hamas, die vor der sicheren Niederlage steht, könnte sich regenerieren, um zu einem späteren Zeitpunkt wieder zuzuschlagen. Dass Hamas seine Lage als prekär einschätzt, lässt sich daran ablesen, wie dringlich sie um eine Feuerpause wirbt. Wer Hamas retten will, hilft ihr jetzt mit einem Waffenstillstand.
Was wird Amerika tun? Auf den ersten Blick sieht es für Israel düster aus. Eben hat die Regierung Biden gewisse Waffenlieferungen suspendiert, um den Druck auf Jerusalem zu erhöhen, so insbesondere den Verkauf von Präzisionsbomben. Ein beispiellos unfreundlicher Akt eines so engen Verbündeten. Man stelle sich vor, Roosevelt hätte Churchill während des Zweiten Weltkrieges Waffen vorenthalten, weil Churchill nicht tat, was Roosevelt wünschte. So geht man nicht mit Freunden um.
Trotzdem dürfte nicht viel passieren. Sobald Israel Rafah besetzt und die Hamas unschädlich gemacht hat, wird sich die amerikanische Regierung damit arrangieren. Das lehrt die Erfahrung. Schon nach dem 7. Oktober 2023 hatte Biden von einer Bodenoffensive in Gaza abgeraten. Die Israelis marschierten dennoch ein – und Biden redete nicht mehr davon.
Es ist Wahlkampf. Und Biden sagt noch manches, woran er sich bald nicht mehr zu erinnern vermag – ob bewusst oder unfreiwillig, das weiss sein Hausarzt am besten. Oder um es mit dem grossen französischen Romancier Honoré de Balzac zu sagen:
Trotzdem dürfte nicht viel passieren. Sobald Israel Rafah besetzt und die Hamas unschädlich gemacht hat, wird sich die amerikanische Regierung damit arrangieren. Das lehrt die Erfahrung. Schon nach dem 7. Oktober 2023 hatte Biden von einer Bodenoffensive in Gaza abgeraten. Die Israelis marschierten dennoch ein – und Biden redete nicht mehr davon.
Es ist Wahlkampf. Und Biden sagt noch manches, woran er sich bald nicht mehr zu erinnern vermag – ob bewusst oder unfreiwillig, das weiss sein Hausarzt am besten. Oder um es mit dem grossen französischen Romancier Honoré de Balzac zu sagen:
«Man lebt zweimal: das erste Mal in der Wirklichkeit, das zweite Mal in der Erinnerung.»
Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Tag.
Markus Somm, Chefredaktor
Markus Somm, Chefredaktor
© Nebelspalter vom 7. Mai 2024
Wer es genauer wissen will: Die Charta der Hamas (1988), die nach wie vor gilt