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Selenski, der Heilige, Netanyahu, der Schurke

Am vergangenen Dienstag hat die seit mehr als dreihundert Jahren neutrale Schweiz im UNO-Sicherheitsrat von neuem gegen Israel gestimmt, ein demokratisches Land, das Krieg führt, nachdem es von blutrünstigen Terroristen angegriffen worden ist. Vorgeblich um eine «humanitäre Katastrophe» abzuwenden, tatsächlich um Israel unter Druck zu setzen, hatte Algerien einen bedingungslosen Waffenstillstand in Gaza verlangt; die entsprechende Resolution wurde von fast allen Mitgliedern des Sicherheitsrates angenommen, und nur weil die USA ihr Veto einlegten, scheiterte sie. Grossbritannien enthielt sich der Stimme. 

Unser Land stellte sich damit auf die Seite von so bewährten Rechtsstaaten und Demokratien wie China, Russland, Moçambique oder Gabun. Gewiss, auch Frankreich oder Japan stimmten zu, aber das macht es nicht besser. Für ein neutrales Land ist dieser Entscheid unverständlich, da parteiisch, für eine wehrhafte Demokratie, die Israel, einem befreundeten Staat, das Recht auf Selbstverteidigung noch nie abgesprochen hat, ist es eine Schande. Warum?
 
Im Vorfeld hatten die USA versucht, die Hamas, eine Terrororganisation aus der Steinzeit, dazu zu bewegen, als Gegenleistung für einen Waffenstillstand die verbleibenden 130 israelischen Geiseln freizulassen. Davon wollte die Hamas nichts wissen. Spätestens dann hätte die Schweiz merken müssen, worum es den Terroristen ging: nicht um ihre Bevölkerung, um die sie sich angeblich Sorgen machen, so sehr, dass sie ja auch ihre Kommandozentralen unter Spitälern bauen, sondern um die Fortsetzung des Krieges zu einem günstigeren Zeitpunkt. Denn ein Waffenstillstand –zumal einer ohne jede Bedingung - hilft derzeit nur der Hamas und hindert Israel daran, die brutalsten Antisemiten seit Adolf Hitler zu besiegen. Wer eine mehr oder weniger friedliche Lösung in Gaza will, muss darauf bestehen, dass die Hamas als Organisation verschwindet. Die Hamas hat wiederholt bekräftigt, dass ihr Ziel die Vernichtung Israels ist: From the River to the Sea; vom Jordan bis zum Mittelmeer. Mit solchen Leuten kann man keinen Frieden schliessen.

Das Verhalten der Schweiz ist eine Schande zum Zweiten, weil sich das gleiche, formell neutrale Land so merkwürdig anders verhält, wenn es um die Ukraine geht. Und das gilt im Übrigen für den ganzen Westen. Dabei gibt es doch so viele Ähnlichkeiten: Wladimir Putin hat den Krieg begonnen, so wie die Hamas in Gaza. Wer die Aggressoren waren, wer die Bösen sind, steht ausser Frage. Zu Recht hat sich der Westen deshalb gegen Putin gewandt und auf die Seite der Ukraine gestellt – selbst die einst neutrale Schweiz. Wenn die Ukraine sich wehrt, wird das im Westen begrüsst, wenn die Ukraine russisch besetztes Gebiet bombardiert, wird das mit Genugtuung zur Kenntnis genommen. Niemandem fiele es ein, den Ukrainern vorzuhalten, sie kümmerten sich in ihrer Kriegsführung zu wenig darum, zivile Opfer zu vermeiden. Niemand würde auf eine «verhältnismässige» Reaktion dringen, nein, umso unverhältnismässiger, um so besser, solange es den Russen wehtut.

Wie anders betrachtet man den Fall Israel. Seit es sich wehrt, wird zwar solidarisch geplappert, doch in Tat und Wahrheit überwiegen die Ermahnungen und die Kritik. Musste das sein, diese Rakete aufs Spital? Und selbst nachdem sich herausgestellt hat, dass diese Rakete keine israelische, sondern eine palästinensische war, werden die Angaben der Hamas weiter für bare Münze genommen. Während russische Informationen zu Recht für Propaganda gehalten werden, glauben viele im Westen, was immer die Hamas von sich gibt: 30’000 Opfer soll es auf palästinensischer Seite gegeben haben, wobei nicht zwischen Kämpfern und Zivilisten unterschieden wird. Vielleicht. Die Zahlen stammen von der Hamas, der faktischen Regierung von Gaza, wo die Kinder selbst im Mathematikunterricht mehr über Judenhass lernen als über die vier Grundrechenarten. 

Ebenso tadeln westliche Politiker, auch Joe Biden, der US-Präsident, regelmässig den israelischen Premierminister Benjamin Netanyahu, oft mit gutem Grund, wogegen der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski machen kann, was er will, als ob er heiliggesprochen worden wäre. Dass man mich nicht missversteht: Israel und die Ukraine sind die Guten. Was mich irritiert, ist diese Doppelmoral im Westen, die offensichtlich mehr mit Antisemitismus zu tun hat als mit humanitärem Entsetzen. Würden wir je einer Resolution der UNO zustimmen, wo Nordkorea einen bedingungslosen Waffenstillstand zwischen Russland und der Ukraine forderte? Eben.

Markus Somm, Chefredaktor des Nebelspalters
© SonntagsZeitung, 26.2.2024

 

Redaktion
Selenski, der Heilige, Netanyahu, der Schurke
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