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Wie der Journalismus in Gaza starb

Viele internationale Medien haben im Krieg gegen die Hamas nicht aufgeklärt, sondern mitgemacht: Ungeprüfte Terrorpropaganda wurde verbreitet, unbequeme Fakten ignoriert. Kommentatorin Masha Gabriel kritisiert eine Branche, die ihre eigene Glaubwürdigkeit verspielt.

Als im Oktober 2023 die Hamas behauptete, Israel habe das christliche Al-Ahli-Spital in Gaza bombardiert und 500 Menschen getötet, setzten grosse Redaktionen von London bis Zürich die Schlagzeilen ab – ohne Prüfung, ohne Distanz. Erst Tage später stellte sich heraus: Die Behauptungen waren falsch. «Aber die Szene war unwiderstehlich. Endlich konnte man zu seiner Lieblingsgeschichte zurückkehren: Israel als der perfekte Bösewicht, Gaza als das ideale Opfer», schreibt Masha Gabriel. Damit wurde Berichterstattung zur moralischen Inszenierung. Bilder, Zahlen und Videos sogenannter «Bürgerjournalisten» dienten vor allem dazu, eine «Völkermord»-Erzählung zu nähren. Wer Belege verlangte, wurde moralisch ausgegrenzt – auch im deutschsprachigen Raum.

30-Dollar-Klub wird zur «höchsten Autorität»

Besonders gern beriefen sich manche Medien auf die «International Association of Genocide Scholars». Doch die angebliche «Expertenorganisation» entpuppte sich als Klub, dem jeder für 30 Dollar beitreten kann – inklusive Fake-Mitglieder wie «Adolf Hitler» oder «Palpatine». Mit nur 28 % Wahlbeteiligung wurde Israel dennoch offiziell des Genozids «beschuldigt». Das sei genau die Art von Quelle, die Medien lieben, weil sie seriös wirkten, so Gabriel. «Und später zitieren sie Schauspieler und Analysten gern, um selbst sachkundig zu erscheinen. Wäre es nicht so tragisch, wäre es komisch.»

Gleichzeitig erodierten journalistische Grundsätze. Wie grotesk sich diese Dynamik auswirkte, zeigte der Fall des palästinensischen Influencers «Mr. Fafo», der mehrfach seinen eigenen Tod inszenierte – mit Millionenreichweite. Nach seiner tatsächlichen Tötung (durch palästinensische Milizen, nicht durch Israel) ehrten westliche Aktivisten und Prominente ihn als Helden. Widersprüche störten das Narrativ.

Auch nach dem Waffenstillstand ging die Schönfärberei weiter: So beschrieb El País öffentliche Hinrichtungen durch Hamas als Ausdruck ihrer «Autorität auf den Strassen». Brutalität wurde zum Ordnungskriterium verklärt.

Moralischer Bankrott

Medien hätten die Hamas-Propaganda übernommen, statt Fakten zu überprüfen und mehrere Perspektiven abzubilden. Der Anspruch auf Wahrheit sei emotionaler Parteinahme geopfert worden. Die französische Essayistin Caroline Fourest sprach von faillite journalistique – „journalistischem Versagen“ – und moralischem Bankrott. «Und genau das war es auch», schreibt Gabriel.

Das Ergebnis ist ein doppelter Schaden: ein verzerrtes Bild des Konflikts – und eine Branche, die ihren eigenen Kompass verloren hat. Glaubwürdiger Journalismus stirbt nicht durch Zensur, sondern durch Bequemlichkeit, Emotionalisierung und den Mutverlust, der sich als Empathie tarnt.

Deutsche, gekürzte Fassung. Der Kommentar erschien zuerst in der englischen Originalfassung beim Jewish News Syndicate (JNS).

Zur Autorin
Masha Gabriel ist Direktorin von CAMERA Español, der spanischen Abteilung des Committee for Accuracy in Middle East Reporting and Analysis (CAMERA). 

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