12. September 2025
Verlogenheit, Ignoranz und Israels Fehler
Von Sacha Wigdorovits
BILD.de brachte es auf den Punkt: «Geld für Terror anstatt Terror-Bekämpfung» titelte das grösste deutsche Online-Medium. Gemeint war damit der Entscheid der EU, Israel wegen seines Angriffs auf die fünf ranghöchsten Hamas-Terroristen in Katar die Gelder zu streichen.
«Es gibt kaum einen Schurkenstaat auf der Welt, den die EU nicht hofiert und finanziert. Nur gegen Israel greift EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen jetzt durch und erklärte, alle bilateralen Zahlungen an den jüdischen Staat einzustellen», schreibt Bild.de. «Das heisst: Ab jetzt schickt die EU also die Steuermilliarden ihrer Bürger in Staaten, die von Terroristen regiert werden oder Terroristen unterstützen. Aber nicht an jenen Staat, der wie kein anderer Terroristen bekämpft.»
Als Beispiele dafür nennt BILD.de die Unterstützung der EU für Afghanistan (141 Mio. Euro), Iran (126 Mio. Euro, davon 10 Mio. in diesem Jahr) und die Palästinensische Autonomiebehörde, der von der EU für dieses Jahr 620 Mio. Euro versprochen wurden.
Der Kommentar des populärsten und grössten deutschen Medientitels schliesst mit den Worten: «Die gegenwärtige Politik von Ursula von der Leyen und Co. reiht sich in die lange Reihe der EU-Irrtümer ein. Anstatt Russland zu sanktionieren, füllte Europa Putins Kriegskasse. Anstatt das Mullah-Regime zu bekämpfen, überwies Europa Milliarden. Im Kampf gegen den Terror steht Europa wieder auf der falschen Seite der Geschichte.»
Dem ist nichts hinzuzufügen. Ausser: Wir in der Schweiz sind um keinen Deut besser als die EU.
Auch das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten EDA hat im Namen unseres Landes den Angriff Israels auf die fünf Hamasführer in Doha mit scharfen Worten verurteilt und bezeichnete ihn als «inakzeptable Verletzung der Souveränität und territorialen Integrität Katars».
Dies notabene, nachdem das gleiche Departement 24 Stunden zuvor vornehm geschwiegen hatte, als in Jerusalem zwei palästinensische Attentäter sechs Israelis erschossen. Einzig der Schweizer Botschafter in Israel, Simon Geissbühler, drückte den Opfern und deren Angehören sein Mitgefühl aus – allerdings ohne die palästinensischen Terroristen zu verurteilen.
Das Beispiel der EU und des links unterwanderten EDA – dessen Vorsteher Ignazio Cassis zwar israelfreundlich, aber zu schwach ist, um gegen seine Beamten durchzugreifen – verdeutlicht die Verlogenheit europäischer Regierungen im Umgang mit Israel.
Wenn es um den jüdischen Staat geht, dann gelten doppelte Standards wie sonst bei keinem anderen Land. Oder hat die EU gegen Russland zusätzliche Sanktionen ergriffen, nachdem das eigene Mitglied Polen jetzt von russischen Drohnen angegriffen wurde?
Und hat der Bundesrat Russland wegen dieser «Verletzung der Souveränität» Polens scharf gemassregelt? Nein, das EDA beliess es lediglich dabei, seine «Besorgnis» über diesen Angriff kundzutun.
Die Reaktionen der EU und der Schweiz auf den israelischen Angriff in Katar zeugen aber nicht bloss von Verlogenheit. Sie sind auch Ausdruck einer unglaublichen Ignoranz und Naivität.
Denn Katar ist nicht irgendein unschuldiger, harmloser Staat. Katar ist neben Iran der weltweit grösste Förderer von Terrorismus und radikalem Islamismus.
Ohne Katar wäre Hamas nie in der Lage gewesen, ihren jahrzehntelangen Terrorkampf gegen Israel zu führen.
Die obersten Führer von Hamas – also Massenmörder – geniessen in Katars Hauptstadt Doha ein fürstliches Milliardärs-Leben (mitfinanziert durch EU-, UNO- und Schweizer Fördergelder für die Palästinenser).
Und das ist nicht alles. Katar ist auch der Sponsor der radikalislamistischen Muslimbruderschaft, aus der Hamas hervorgegangen ist. Aus diesem Grund wurde Katar von 2017 bis 2021 von seinen arabischen «Bruderstaaten» Ägypten, Saudi-Arabien, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Bahrain boykottiert.
Diese Muslimbruderschaft ist auch bei uns in Europa, inklusive der Schweiz, aktiv. Unter dem Deckmantel wohltätiger Organisationen infiltriert und radikalisiert sie die hiesige muslimische Gemeinschaft, wo immer sie kann. Mit dem Ziel, unsere westliche Gesellschaft zu islamisieren.
Katar betreibt auch den Fernsehsender Al Jazeera. Dieser gibt sich in seinem englischsprachigen Programm gemässigt, aber auf seinem arabischsprachigen Sender ist er ein katarischer radikaler Propagandakanal.
Deshalb ist Katar nicht nur für Israel, welches es übrigens bis heute nicht offiziell anerkannt hat, eine Gefahr, sondern für den Westen insgesamt. Also auch für die Schweiz.
Die russischen Verbrechen in der Ukraine – und neuerdings auch in Polen – dürfen nicht kleingeredet werden. Aber langfristig ist die Gefahr, die für uns von Katar ausgeht, gleich gross, wenn nicht sogar grösser als jene von Russland.
Katar kann uns zwar nicht mit militärischen oder technologischen Mitteln bedrohen. Aber es setzt seine Milliarden von Petrodollars ein, um uns gesellschaftlich und wirtschaftlich zu unterwandern und politisch gnädig zu stimmen.
Beispiele dafür sind die Ausrichtung der Fussball-Weltmeisterschaft 2022, der Kauf des europäischen Spitzenklubs Paris Saint-Germain, Investitionen in den Volkswagen-Konzern oder auch in die Credit Suisse.
Politisch und gesellschaftlich am gefährlichsten ist indessen die Unterwanderung Europas durch Organisationen wie die Muslimbruderschaft. Diese können dank der finanziellen Hilfe und mit dem Segen von Katar bei uns ihre heimtückische radikalislamistische Indoktrinations- und Infiltrationsarbeit betreiben.
Bei alledem handelt Katars Herrscher, Scheich Tamim bin Hamad Al Thani, nicht im Rampenlicht, wie dies Russlands Präsident Putin macht, sondern er operiert im Stillen. Getreu Bertold Brechts Zitat «Denn man sieht nur die im Lichte, die im Dunkeln sieht man nicht.»
Katar ist somit der typische Wolf im Schafspelz. In Europa hat man dies noch nicht kapiert oder will es nicht kapieren (weil der Dollarsegen, das Erdöl und das Flüssigerdgas aus dem Golfstaat willkommen sind).
Doch Israel ist sich des katarischen Doppelspiels und der islamistischen Agenda, die dahinter steht, bestens bewusst. Daran änderten auch die angeblich «uneigennützigen» Bemühungen des Emirats bei den Waffenstillstands-Gesprächen mit Hamas nichts.Beim Angriff auf die Anführer der Hamas-Mörderbande in Doha hat Israel deshalb nur einen einzigen Fehler gemacht: Es war nicht erfolgreich.
Sacha Wigdorovits ist Präsident des Vereins Fokus Israel und Nahost, der die Webseite fokusisrael.ch betreibt. Er studierte an der Universität Zürich Geschichte, Germanistik und Sozialpsychologie und arbeitete unter anderem als USA-Korrespondent für die SonntagsZeitung, war Chefredaktor des BLICK und Mitbegründer der Pendlerzeitung 20minuten.
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