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Netanyahus Regierung wackelt wegen Streits um die Wehrpflicht der Haredim

Am 4. Juni wurde Ministerpräsident Benjamin Netanyahu im Rahmen des laufenden Korruptionsprozesses gegen ihn von der Staatsanwaltschaft verhört – wegen Betrugs, Untreue und Bestechlichkeit. Gleichzeitig droht seiner rechts-religiösen Koalition der Zusammenbruch. Auslöser ist ein Grundsatzurteil des Obersten Gerichtshofs, das festhält, dass auch ultraorthodoxe Männer, die sogenannten Haredim, Militärdienst leisten müssen.

Die Haredim protestieren vehement gegen die Einziehung zum Militär. Bisher wurden nur rund 1’700 von schätzungsweise 70’000 wehrpflichtigen Haredim rekrutiert, über 1’100 Haftbefehle wurden bereits gegen Verweigerer ausgesprochen.

Nach einer gescheiterten Kompromisssuche haben führende Rabbiner der Partei Vereinigtes Tora-Judentum einen Austritt aus dem rechts-religiösen Regierungsbündnis von Netanyahu angekündigt. Im Parlament hat die Regierung momentan eine Mehrheit von 68 der 120 Sitze. Die Partei Vereinigtes Tora-Judentum hat sieben Sitze. Netanjahus Regierung würde bei einem Austritt der Partei also nur dann ihre Mehrheit verlieren, sollte sich auch die zweite streng religiöse Partei in der Regierung, Schas, dem Schritt anschliessen. Sie verfügt über elf Mandate.

Mehrere Oppositionsparteien wollen kommende Woche einen Vorstoss zur Auflösung des Parlaments unternehmen. Laut Meinungsumfragen könnten im Fall einer Neuwahl Netanjahus politische Gegner die Mehrheit gewinnen. Regulär soll die nächste Wahl erst im Oktober kommenden Jahres stattfinden.

Keine Wehrpflicht aus religiösen Gründen

Seit 1948 sind Haredim, die an einer religiösen Hochschule (Jeschiwa) die Thora studieren, vom Militärdienst befreit – ursprünglich eine Regelung für wenige Hundert Männer. Aufgrund der hohen Geburtenrate der ultraorthodoxen Gemeinschaft betrifft dies heute Zehntausende. Ihre Ablehnung des Militärdienstes basiert auf religiösen Gründen: fehlende Geschlechtertrennung, mangelnde Sabbatruhe und die damit verbundene Unvereinbarkeit mit ihrem Lebensstil.

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