Zum Inhalt

«Die Hamas will amerikanische Universitäten infiltrieren», sagt Wendy Sachs. «Diesen Plan verfolgt die Terrororganisation seit Jahrzehnten»

Die US-amerikanische Dokumentarfilmerin und Autorin Wendy Sachs war am 7. Oktober 2023 gerade auf Besuch bei ihrer Tochter an der Universität Wisconsin in Madison, als die Nachricht vom Massaker der Hamas eintraf. Was sie danach an US-Universitäten beobachtete, schockierte sie: Statt Solidarität mit Israel erlebte sie eine rasch eskalierende Welle antiisraelischer Proteste auf dem Campus.

In ihrem neuen Film «October 8», der im Herbst auch im deutschsprachigen Raum erscheinen soll, zeichnet Sachs nach, wie nur einen Tag nach dem Terrorangriff Demonstrationen starteten und pro-palästinensische Gruppen die Narrative und Symbole der Hamas übernahmen.

Im Interview mit der NZZ erklärt Sachs, unterstützt von Produzent Nimrod Erez, dass diese Entwicklung kein Zufall, sondern Teil eines langfristigen Plans der Hamas sei. Die Terrororganisation habe sich seit Jahrzehnten vorgenommen, das amerikanische Bildungssystem zu infiltrieren. Das Ziel: junge, leicht beeinflussbare und künftige Meinungsführer zu erreichen.

Organisationen sollen über Angriff vorinformiert gewesen sein

Gruppen wie die Students for Justice in Palestine (SJP) hätten laut Sachs bereits am 8. Oktober demonstriert und Begriffe der Hamas wie «Flut» sowie deren Ikonografie übernommen – etwa das rote Dreieck. Sachs äussert den Verdacht, dass manche dieser Gruppen im Voraus über den Angriff informiert gewesen sein könnten. Ein SJP-Social-Media-Kanal sei exakt drei Minuten vor Beginn des Angriffs reaktiviert worden. Für Sachs ist das kein Zufall.

Erez beschreibt SJP als loses, aber wirkmächtiges Netzwerk mit ca. 400 Ablegern in den USA, gegründet 1993 von Hatem Bazian. SJP werde indirekt von Gruppen wie AMP (American Muslims for Palestine) unterstützt, die Verbindungen zur Muslimbruderschaft und damit zur Hamas hätten. Sachs und Erez verweisen auch auf andere Akteure wie JVP (Jewish Voice for Peace) oder WOL (Within Our Lifetime).

«Wie infiltrieren wir Amerika?»

Warum sich die Hamas ausgerechnet Universitäten ausgesucht habe? Sachs verweist auf ein abgehörtes Treffen der Hamas von 1993 in einem Hotel in Philadelphia: «Wie infiltrieren wir Amerika?», wurde dort gefragt. Die Antwort: über die Unis. Denn von der akademischen Elite aus verbreite sich ideologischer Einfluss besonders effektiv.

Erez warnt vor einer seit Jahrzehnten gewachsenen ideologischen Einseitigkeit an amerikanischen Hochschulen, geprägt von Identitätspolitik und postkolonialem Denken, das oft israelfeindlich ausgelegt werde. Das zeige sich auch daran, dass Universitäten wie Harvard sich bis heute schwer damit tun, Antisemitismus als strukturelles Problem zu benennen. Stattdessen werde dieser relativiert, indem parallel Islamophobie-Berichte veröffentlicht würden. Für Sachs ist das unverständlich: «Es ist nicht dasselbe», sagt sie. Antisemitische Übergriffe auf jüdische Studenten seien an Häufigkeit und Heftigkeit nicht mit muslimischer Diskriminierung zu vergleichen, die gäbe es zwar, aber nicht im gleichen Ausmass.

«Wir sprechen nicht über Redefreiheit, sondern über Hassrede»

Wendy Sachs betont, dass Kritik an Israel legitim sei – auch am Gazakrieg, an der Siedlungspolitik oder an Premierminister Netanyahu. Doch die aktuelle Entwicklung überschreite für sie eine klare Grenze: «Wir sprechen nicht über Redefreiheit, sondern über Hassrede», stellt sie klar. Es gehe nicht um offene Debatten, sondern um gezielte Einschüchterung und das Bedrohen jüdischer Studenten auf dem Campus – und damit um ein Klima, das sachliche Kritik längst verlassen habe.

Die Reaktionen auf ihren Film zeigen laut Sachs selbst, wie tabuisiert das Thema ist. Kein Sender, kein Festival wollte das Projekt anfassen, weder CNN noch Vox, auch nicht die Berlinale. Selbst Streamingdienste und Hollywood-Studios reagierten ablehnend, obwohl der Film mittlerweile in den USA einen Verleih gefunden hat. Sachs sagt: «Nach allem, was wir wissen, wurde sogar unsere Oscar-Kampagne sabotiert.»

Aktuelle Nachrichten