Zionismus – die Notwendigkeit eines eigenen jüdischen Staates

Behauptung

Der Zionismus ist eine reaktionäre, kolonialistische jüdische Politbewegung.

Die Fakten

Der moderne Zionismus ist eine jüdische Bewegung, die gegen Ende des 19. Jahrhunderts einsetzte, um für die Juden einen eigenen Staat zu schaffen. Hintergrund waren der seit Mitte des 19. Jahrhunderts zunehmende Antisemitismus in Europa und die Judenverfolgungen im zaristischen Russland. Diese führten zu einem Umdenken bei führenden jüdischen Intellektuellen wie dem Arzt Leo Pinsker und wenig später dem Journalisten und Schriftsteller Theodor Herzl. Hatten sich diese zuvor für eine Assimilierung der Juden in ihren jeweiligen Ländern ausgesprochen. So erkannten sie jetzt, dass die Juden nur in einem eigenen Staat vor der Verfolgung sicher sein würden. Dabei setzte sich bald die Erkenntnis durch, dass dieser Staat im damaligen Palästina liegen sollte, weil sich dort seit jeher die Heimstatt der Juden befunden hatte. Die Juden, die den Staat Israel gründeten, waren deshalb keine Kolonialisten, sondern Rückkehrer.

Einer der ersten massgeblichen Befürworter eines jüdischen Nationalstaates war der in Odessa lebende Arzt Leo Pinsker. Dieser hatte sich zunächst für eine Assimilation der Juden in ihrer jeweiligen Umgebung ausgesprochen. Doch nach den Pogromen in Russland im Jahr 1881 und nachdem er auch in Westeuropa einen grassierenden Antisemitismus festgestellt hatte, änderte Pinsker seine Ansichten radikal.

In seinem 1882 erschienenen Buch «Autoemancipation! Mahnruf an seine Stammesgenossen von einem russischen Juden» forderte Pinsker ein eigenes Land für die Juden. Damit wurde er zum ersten wichtigen Wegbereiter des modernen Zionismus, also jener politischen Bewegung, die sich für die Schaffung eines eigenständigen jüdischen Staates einsetzt.

Mit seiner Forderung stiess Pinsker allerdings weder bei den (assimilierten) westeuropäischen noch bei den orthodoxen Juden auf grosse Gegenliebe.

Ähnlich erging es zunächst jenem Mann, der heute allgemein als massgeblichster Wegbereiter der zionistischen Bewegung gilt: der Wiener Journalist und Schriftsteller Theodor Herzl. Auch Herzl war zum Schluss gekommen, dass einzig ein eigener Staat den Juden Schutz vor Antisemitismus und Verfolgungen bieten würde.

Einen wichtigen Anstoss dazu lieferte dabei die sogenannte «Dreyfus-Affäre» in Frankreich. Dabei handelte es sich um einen Justizskandal in den 1890er Jahren in Frankreich, der von massiver antisemitischer Hetze begleitet war. Es ging dabei um unbegründete Anschuldigungen wegen Hochverrats gegen den in der französischen Armee dienenden jüdischen Artillerie-Hauptmann Alfred Dreyfus. (siehe «Die Affäre Dreyfus»).

 

«Der Judenstaat» und 1. Basler Zionistenkongress

Vor diesem Hintergrund veröffentlichte Herzl, der damals als Korrespondent in Paris arbeitete, 1896 sein Buch «Der Judenstaat – Versuch einer modernen Lösung der Judenfrage». Darin erklärte er, weshalb es einen jüdischen Staat braucht: wegen des Antisemitismus einerseits, und weil im Zuge der Aufklärung die Bedeutung der Religion als zusammenhaltendes Element weitgehend verloren gegangen sei.

In «Der Judenstaat» befasst sich Herzl aber auch detailliert mit den sehr pragmatischen Aspekten der Gründung eines jüdischen Staats. Dazu gehörte insbesondere auch die Frage, wo dieser Staat beheimatet sein sollte (Argentinien oder Palästina), was für eine Organisation das dafür benötigte Land kaufen sollte und wie viele finanzielle Mittel es dafür brauche. Auch mit der richtigen Regierungsform (aristokratische Republik) und der Frage der Religion (klare Trennung von Religion und Staat) beschäftigte er sich. Dasselbe galt für die Landessprache (Herzl schloss Hebräisch aus, weil zu wenig Juden es beherrschten, und plädierte für Deutsch).

Mindestens in jüdischen Kreisen war Herzls Buch nach heutigen Begriffen ein Bestseller. Es führte dazu, dass bereits im Folgejahr, vom 29. bis 31. August 1897, in Basel der 1. Zionistenkongress stattfand. Die 204 Delegierten verabschiedeten dort das sogenannte «Basler Programm» und hielten darin fest: «Der Zionismus erstrebt die Schaffung einer öffentlich-rechtlich gesicherten Heimstätte in Palästina für diejenigen Juden, die sich nicht anderswo assimilieren können oder wollen.»

Um die Staatsgründung voranzutreiben, gründeten die Delegierten in Basel sodann die World Zionist Organisation (WZO) und ernannten Theodor Herzl zu deren Präsident.

Die World Zionist Organisation

Die WZO wurde sofort aktiv. Eines ihrer ersten Ziele war die Verankerung in möglichst vielen jüdischen Gemeinden. Zu den verschiedenen Strömungen innerhalb des Zionismus gehörten zwar neben Sozialisten und solchen, bei denen die Erhaltung der jüdischen Kultur im Vordergrund stand, auch religiöse Zionisten.Aber die orthodoxen Juden, insbesondere in Deutschland, standen der Idee eines von weltlichen Kräften implementierten jüdischen Staates ablehnend gegenüber (und tun dies teilweise heute noch); sie hatten deshalb auch nicht am 1. Zionistenkongress in Basel teilgenommen.

Im Hinblick auf den in Palästina notwendigen Landkauf gründete die WZO zudem den Jewish Colonial Trust (die heutige Bank Leumi) und bestimmte ein Aktionskomitee, welche den Trust kontrollieren sollte. Um die für den Landkauf notwendigen Mittel zu beschaffen, wurde später auch er Jüdische Nationalfonds JNF/Keren Kajemeth gegründet. Dieser begann sogleich damit, seinen Auftrag in die Tat umzusetzen.

Herzl seinerseits versuchte, die wichtigen europäischen Staatsoberhäupter von der Idee des jüdischen Staates zu überzeugen. Dazu traf er in Konstantinopel (Istanbul) und Jerusalem den deutschen Kaiser Willhelm II. 1901 traf er sich mit Sultan Abdülhamid II., dem Herrscher des Osmanischen Reichs, zu dem Palästina damals gehörte. Diese Treffen bescherten der WZO zwar keine greifbaren Erfolge, aber sie erhöhten ihre Bekanntheit und Glaubwürdigkeit. Aus dem gleichen Grund – nämlich um sich ins Bewusstsein der britischen Öffentlichkeit und der Politiker des Vereinigten Königsreichs zu rufen – hatte die WZO den 4. Zionistenkongress im August 1900 nicht in Basel, sondern in London abgehalten.

Balfour-Deklaration und UNO-Teilungsplan

Es sollte beinahe zwanzig Jahre dauern, bis sich das Engagement der WZO in Grossbritannien auszahlte. Im 1. Weltkrieg hatte Grossbritannien vom Osmanischen Reich das Gebiet Palästina erobert. Zwei Jahre später, 1917, hielt der damalige britische Aussenminister, Arthur James Balfour, in einer seither als «Balfour Declaration» benannten Erklärung fest: «Die Regierung Seiner Majestät betrachtet mit Wohlwollen die Errichtung einer nationalen Heimstätte für das jüdische Volk in Palästina und wird ihr Bestes tun, die Erreichung dieses Zieles zu erleichtern.»

Es dauerte nochmals zwanzig Jahre bis aus dieser Absichtserklärung ein fester Beschluss wurde: Unter dem Eindruck der Ermordung von sechs Millionen Juden während des Holocaust sagte die UNO am 29. November 1947 Ja zu einer Teilung Palästinas in einen palästinensischen und einen jüdischen Staat.

Theodor Herzl erlebte dies und die im folgenden Jahr vollzogene Ausrufung des Staates Israel nicht mehr: Er war 1904 an einem Herzversagen gestorben. Nach Abschluss des 1. Zionistenkongresses in Basel im Jahr 1897 hatte Herzl in sein Tagebuch geschrieben: «Fasse ich den Baseler Congress in ein Wort zusammen – das ich mich hüten werde öffentlich auszusprechen – so ist es dieses: in Basel habe ich den Judenstaat gegründet. Wenn ich das heute laut sagte, würde mir ein universelles Gelächter antworten. Vielleicht in fünf Jahren, jedenfalls in fünfzig wird es Jeder einsehen.»

Seine Prognose hatte sich auf das Jahr genau bewahrheitet.

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