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Ex-Premier Boris Johnson zum Irankrieg und Gaza

Das sagte der ehemalige britische Premier der „Weltwoche“ zum Angriff Israels auf den Iran und Hamas.

Weltwoche: Wenn Sie noch britischer Premierminister wären, hätten Sie Netanjahus Militärschlag gegen den Iran unterstützt?

Johnson: Der Angriff Israels und dann der USA auf die iranischen Atomanlagen war eindeutig gerechtfertigt. Nach Angaben der Internationalen Atomenergiebehörde standen die Iraner kurz vor der Herstellung einer Atomwaffe. Sie haben gegen ihre Verpflichtungen aus dem Atomwaffensperrvertrag verstossen. Der Iran hat sich formal und verfassungsrechtlich zur Vernichtung Israels verpflichtet. Wie kann man diesen Leuten also erlauben, eine Atomwaffe zu besitzen? Alle Staats- und Regierungschefs der Welt unterstützten Israel insgeheim oder offen. Ich kann Ihnen mit Sicherheit sagen, dass es kein einziges Land auf der Welt gibt, nicht einmal Nordkorea, ich bezweifle sogar, dass Russland oder China dies wollen, das den Ajatollah mit einer Atombombe ausstatten möchte.

Weltwoche: Stimmen Sie mit Bundeskanzler Friedrich Merz überein, dass Israel die Drecksarbeit für uns alle erledigt?

Johnson: Ich stimme dem nicht nur zu. Ich glaube, dass sich im Grunde alle an Israels Rockzipfel gehängt und Israel erlaubt haben, etwas zu tun, was sowohl in seinem Interesse als auch im Interesse der Allgemeinheit lag.

Weltwoche: Befürworten Sie einen Regimewechsel im Iran, und ist ein solcher möglich?

Johnson: Sehen Sie, ich bin etwas skeptisch geworden, was den Wert eines Regimewechsels im Nahen Osten angeht. Länder müssen ihre eigenen Entscheidungen über ihre Regierungen treffen. Man kann ihnen keine neue Regierung aufzwingen. Wir haben es im Irak versucht, wir haben es in Libyen versucht, es war kein grosser Erfolg. Ich kann mich irren, aber ich glaube nicht, dass es in Teheran bald einen Regimewechsel geben wird. Das sind nicht die Informationen, die ich habe.

Weltwoche: Hat Israel derzeit eine Strategie für Gaza oder nicht?

Johnson: Die Hamas, die die Regierung in Gaza stellt, könnte diese Sache über Nacht beenden. Sie könnte die israelischen Bombardements stoppen und den Tod unschuldiger palästinensischer Kinder beenden. Alles, was sie tun müssen, ist, die 53 Geiseln tot oder lebendig zurückzugeben, das ist alles. Warum tun sie das nicht? Ich sage Ihnen warum: Weil sie sehr wohl wissen, dass Israel keine andere Wahl hat, als zu versuchen, diese Menschen zurückzuholen. Das ist die Pflicht eines jeden demokratisch gewählten Staatschefs. Israel hat keine andere Wahl, als dafür zu sorgen, dass die Hamas nicht in der Lage ist, einen weiteren Angriff wie den vom 7. Oktober 2023 zu starten, bei dem 1180 Menschen getötet, gefoltert und brutal angegriffen wurden. Kein demokratischer Ministerpräsident kann zulassen, dass ein Feind so etwas noch einmal tut. Deshalb müssen die Israeli weitermachen. Aber die Hamas wird die Geiseln nicht freilassen, weil sie von diesem schrecklichen Konflikt profitiert. Und natürlich wissen sie, und das ist die wahre Tragödie, dass Israel, weil es zu militärischen Massnahmen gezwungen ist, die Sympathie der Welt verliert. Und deshalb sehen Sie diesen entsetzlichen Antisemitismus auf den Strassen Londons und auf den Campus grosser Universitäten. Und genau das ist es, was die Hamas will.

Weltwoche: Unterstützt das palästinensische Volk die Hamas?

Johnson: Ja, leider hat das Volk von Gaza die Hamas unterstützt, und das war eine Katastrophe für sie. Sie wissen, dass dies die Geschichte ganz Palästinas seit 1948 ist, eine Geschichte verpasster Chancen, des Versagens der palästinensischen Führung und des völligen Unverständnisses für die Notwendigkeit der Koexistenz mit Israel. Es gab noch nie einen palästinensischen Führer, der bereit war, zu sagen: «Israel hat ein uneingeschränktes Recht auf Existenz. Wir müssen mit Israel koexistieren.»

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