Fragen und Antworten zum Iran- und Gazakrieg
Von der Redaktion FokusIsrael.ch
1. Inwiefern hat sich nach den Angriffen Israels und der USA auf den Iran die Situation im Nahen Osten verändert?
Die erfolgreichen Angriffe Israels und zuletzt auch der USA auf den Iran und insbesondere dessen Programm zur Entwicklung von Atomwaffen haben die Situation im Nahen Osten fundamental verändert. Und dies unabhängig davon, ob das iranische Atomprogramm endgültig oder nur auf Jahre hinaus vernichtet wurde.
Denn nach der weitgehenden Unschädlichmachung und Schwächung von Hamas und Hisbollah hat Israel, unterstützt von den USA, jetzt auch den Drahtzieher hinter diesen terroristischen Milizen massiv geschwächt: Das Regime in Teheran. Einerseits durch die Ausschaltung wichtiger Anlagen zur Urananreicherung und Herstellung von Atomwaffen sowie die Vernichtung von mehr als der Hälfte der Abschussrampen für ballistische Raketen. Anderseits durch die Eliminierung wichtiger Köpfe des Atomprogramms, der iranischen Armee und der Revolutionsgarden.
Ob diese Niederlage der Regierung und ihrer beiden militärischen Arme – Armee und Revolutionsgarden – im Iran zu einem Umsturz führen wird, hängt von den Iranern selbst ab.
Klar ist aber: Die Welt ist durch diesen Krieg sicherer geworden. Dies gilt natürlich insbesondere für Israel selbst. Es gilt aber auch für alle anderen Staaten im Nahen Osten: Die Emirate, Kuwait, Saudi-Arabien, Syrien, Jordanien und Ägypten.
Daneben profitieren auch die USA und Europa – und damit die Schweiz – vom israelischen Angriff. Denn eine iranische Atombombe (sie war je nach Experten zwischen ein paar Wochen und ein paar Tagen weit vom Bau entfernt) hätte für uns alle eine Bedrohung bedeutet. Zurecht hat der deutsche Bundeskanzler Friedrich Merz deshalb gesagt: «Israel erledigt die Drecksarbeit für uns».
Auch der Libanon gehört zu den Profiteuren der israelisch-amerikanischen Aktion. Denn diese bedeutet – nach den verheerenden Schlägen Israels gegen die Hisbollah vor einigen Monaten – eine weitere Schwächung dieser vom Iran finanzierten, militärisch aufgerüsteten und ausgebildeten Terrororganisation. Dies stärkt die Bestrebungen der derzeitigen libanesischen Regierung, die Hisbollah zu entwaffnen.
2. Wie wahrscheinlich ist ein baldiges Ende des Krieges in Gaza?
Der Erfolg gegen den Iran dürfte auch auf Gaza und die innenpolitische Situation in Israel selbst positive Auswirkungen haben. Wir können davon ausgehen, dass wir innerhalb der nächsten zwei Wochen einen Waffenstillstand zwischen Israel und Hamas erleben werden. Dies insbesondere aus folgenden Gründen:
- Der Ruf der israelischen Bevölkerung nach einer Beendigung der Kämpfe und sofortigen Rückkehr der verbliebenen 50 Geiseln, von denen 20 noch am Leben sein sollen, wird immer lauter.
- Die Führung der israelischen Armee IDF hat der Regierung klargemacht, dass eine Weiterführung der Kampfhandlungen die noch lebenden Geiseln massiv gefährdet.
- US-Präsident Donald Trump will den Krieg in Gaza aus Prestigegründen möglichst rasch beendet wissen.
- Die Hamas ist stark geschwächt und kann nicht mehr auf Unterstützung des nach dem 12-Tage-Krieg ebenfalls schwachen Iran rechnen.
- Benjamin Netanjahu kann sich einen Waffenstillstand mit der Hamas jetzt leisten, weil er nach seinem Sieg gegen den Iran innenpolitisch so stark und von seinen rechtsextremen Partnern unabhängig ist wie schon lange nicht mehr. (Neueste Umfragen prognostizieren seiner Likudpartei bei Neuwahlen ein sehr gutes Resultat, dies im Gegensatz zu ihren rechten Koalitionspartnern.)
3. Welche sind die häufigsten drei Behauptungen der Kritiker Israels im Zusammenhang mit dem Irankrieg?
Behauptung 1: «Es ist nicht erwiesen, dass der Iran eine Atombombe bauen wollte.»
Dies ist eine politisch böswillig motivierte und sehr unehrliche Behauptung. Es ist erwiesen, dass der Iran sein Uran in einer Art und Weise anreicherte, die nur für die Herstellung von Atomwaffen Sinn macht. Ebenfalls erwiesen ist, dass der Iran während Jahren die Internationale Atomenergie Agentur IAEA hinters Licht führte, ihr keinen vollständigen Einblick in seine Atomanlagen gewährte. Und es ist erwiesen, dass der Iran viele seiner Anlagen bombensicher zu bauen versuchte. Weshalb hat der Iran all dies getan, wenn er keine Atomwaffen herstellen wollte?
Behauptung 2: «Die Angriffe Israels und der USA haben das iranische Atomprogramm nicht nachhaltig geschwächt.»
Es ist richtig, dass wir in der Öffentlichkeit noch keinen genauen Einblick haben, wie gross die Schäden sind, welche die israelischen Luftangriffe und dann der amerikanische Angriff auf Fordo, Natanz und Isfahan verursacht haben. Und es ist sehr fraglich, ob wir dies je erfahren werden.
Aber es gibt diverse Indizien, dass diese Schäden beträchtlich sind. So hatte im Vorfeld eines Angriffs der USA auf Fordo die NZZ beispielsweise geschrieben, um diese Anlage ausser Kraft zu setzen, brauche es zwei sogenannte «Superbomben». Tatsache ist aber, dass die Amerikaner auf Fordo 14 solche GBU 57A-Bomben abgeworfen haben.
Eine reine Behauptung, der von Israel und den USA widersprochen wird, ist zudem die Aussage, der Iran habe vor dem Angriff auf Fordo hochangereichertes Uran an anderen Orten in Sicherheit bringen können.
Hinzu kommt, dass Israel zuvor die gesamte wissenschaftliche Leitung des iranischen Atombombenprogramms eliminiert hatte. Und, last but not least, hat Israel einen Grossteil der iranischen Raketenabschussrampen und Raketenproduktionsfabriken Irans ausgeschaltet.
Kurzum: Wir können davon ausgehen, dass der Iran auf absehbare Zeit nicht mehr zu einer atomaren Bedrohung fähig sein wird.
Behauptung 3: «Israels Angriff war völkerrechtswidrig.»
Diese Aussage haben diverse Völkerrechtler und auch andere gemacht (z. B. der frühere Schweizer Botschafter im Iran, Tim Guldimann). Sie begründen dies mit dem Verweis, dass «Präventivschläge» völkerrechtlich nur ganz beschränkt erlaubt seien. (Nämlich nur dann, wenn erwiesen ist, dass der Gegner innerhalb der nächsten 14 Tage einen Angriff plant).
Diese Beurteilung verkennt die historischen, politischen und militärischen Fakten im Konflikt zwischen dem Iran und Israel.
- Seit der Machtübernahme durch Ayatollah Chomeini im Jahr 1979 hat der Iran immer wieder ganz offiziell die Vernichtung Israels und der Juden als eines seiner vorrangigen Ziele erklärt. Dies kommt einer Kriegserklärung gleich.
- Aber Iran hat Israel nicht nur den Krieg «erklärt», er hat ihn auch schon seit langem geführt. Dazu schuf er die Terrormilizen Hisbollah und Hamas (die Huthi sind in diesem Kontext weniger relevant). Und er schuf sie nicht bloss, er finanzierte sie, er rüstete sie auf, er schulte sie und – das ist völkerrechtlich relevant, weil sie dadurch direkt zu seinem militärischen Arm wurden – er nahm auf ihre Führung direkt Einfluss und kommandierte Vertreter der Revolutionsgarden dorthin ab.
- Deshalb ist es falsch, Israels Angriff am 13. Juni als völkerrechtlich unerlaubten «Präventivschlag» zu taxieren. Was am 13. Juni geschah, war zwar eine Prävention gegenüber dem Bau der iranischen Atombombe. Aber in völkerrechtlicher Hinsicht war es eine Reaktion im Rahmen eines Krieges, den der Iran schon seit mehr als 45 Jahren gegen den jüdischen Staat führt.
- Urs Saxer, Professor für Völkerrecht an der Uni Zürich, weist zudem daraufhin, dass Israels Angriff auf das iranische Atomwaffen- und Raketenprogramm nicht nur hinsichtlich seiner «Legalität», sondern auch in Bezug auf seine «Legitimität» zu beurteilen ist. Und dass es für einen Staat, der mit der Auslöschung bedroht wird, legitim ist, dieser Auslöschung zuvorzukommen, ist offensichtlich.
- Noch etwas fällt bei der «völkerrechtlichen Diskussion» auf: Keiner jener Experten und Politiker, die Israel vorwerfen, beim Angriff auf den Iran das Völkerrecht verletzt zu haben, stört sich daran, dass der Iran während Tagen – und auch schon im April 2024 – mit Raketen und Drohnen die israelische Zivilbevölkerung angegriffen hat. Dies ist unbestrittenermassen eine Verletzung des Völkerrechts. Aber niemand hat sie bisher kritisiert – schon gar nicht die UNO oder der Internationale Strafgerichtshof ICC, welche dies vor allem tun müssten.
4. Welche sind die häufigsten Behauptungen der Kritiker Israels im Zusammenhang mit Gaza?
In Bezug auf den Krieg in Gaza werden von den Kritikern verschiedene unwahre und stets Israel diffamierende und delegitimierende Behauptungen gemacht.
Behauptung 1: «Israel begeht in Gaza einen Genozid.»
Wer dies behauptet, weiss entweder nicht, was unter «Völkermord» zu verstehen ist, oder er weiss nicht, wie die israelische Armee IDF in Gaza operiert. Denn die Aktionen der IDF in Gaza sind nicht gegen die Zivilbevölkerung gerichtet. Dies ist allein schon dadurch bewiesen, dass die IDF vor jedem Angriff die Zivilbevölkerung im betroffenen Gebiet mit Flugblättern, SMS und Lautsprecheransagen dazu auffordert, die Kampfzone zu verlassen. Wer würde dies tun, wenn er einen Genozid verüben will?
Behauptung 2: «Israel verletzt mit seinen Angriffen auf zivile Einrichtungen das Völkerrecht.»
Richtig ist, dass die IDF in den letzten über 600 Tagen immer wieder auch Schulen, Spitäler oder Wohnhäuser angegriffen hat. Aber dies geschah nur dann, wenn sich dort Kämpfer von Hamas oder Islamischer Djihad versteckt hatten (was inzwischen durch zahlreiche Fotos, Videos und Aussagen bewiesen ist). In solchen Fällen erlaubt das Völkerrecht (Artikel 52, 1. Zusatzprotokoll von 1977 zu den Genfer Konventionen) Angriffe auf zivile Einrichtungen, die militärisch genutzt werden.
Behauptung 3: «Die Verhinderung von Hilfslieferungen durch Israel verletzt das Völkerrecht».
Falsch ist auch der pauschale Vorwurf, Israel verletze mit der Verhinderung von Hilfslieferungen an die Bevölkerung von Gaza das Völkerrecht. Denn auch in diesem Fall sind die Genfer Konventionen bzw. ihre Zusatzprotokolle klar: Wenn solche Hilfslieferungen von der Gegenseite für deren militärischen Vorteil genutzt werden können, dann dürfen sie unterbunden werden (Artikel 23, Vierte Genfer Konvention 1949).
Genau dies aber ist in Gaza passiert. Als noch die UNO und die ihr nahestehenden NGOs Hilfsgüter nach Gaza brachten, wurden diese Transporte oft von der Hamas gekapert und anschliessend die Hilfsgüter an die Bevölkerung verkauft, um mit dem Erlös den eigenen Kampf gegen Israel zu finanzieren. Davon gibt es eine Vielzahl von Video- und Fotobeweisen, und dies hat unter anderem auch das Wall Street Journal in einem ausführlichen Artikel dokumentiert.
Deshalb hat Israel gemeinsam mit den USA im Mai ein alternatives Verteilprogramm durch die in Genf ansässige Gaza Humanitarian Foundation auf die Beine gestellt. Diese verteilt inzwischen gemäss eigenen Angaben 2,3 Millionen Mahlzeiten täglich. Sie hat dazu private Sicherheitskräfte engagiert und die israelische Armee sichert die Verteilzentren weiträumig ab.
In den Medien war in diesem Zusammenhang immer wieder von Schüssen und Toten bei der Verteilung der Hilfsgüter durch die GHF die Rede. Diese bestreitet das und sagt, dass es bei der Verteilung an UNO-Verteilpunkten (denn solche existieren weiterhin) zu Toten gekommen sei. Die Associated Press hat dies in einer Meldung bestätigt.Dennoch wird Israel von der UNO, der EU und auch von der Schweiz, dafür kritisiert, nicht genügend Hilfe für die Bevölkerung von Gaza zuzulassen. Angesichts der Zweckentfremdung durch die Hamas, die bei der Verteilung durch UNO- und andere Hilfswerke erfolgt ist, sind diese Appelle fragwürdig. Denn noch nie hat man von all den europäischen Politikern, die Israel wegen der Hilfsgüter kritisieren, das Versprechen gehört: «Wir – Franzosen, Engländer, Spanier, Deutsche, Schweizer – sind bereit, mit unseren Truppen in Gaza dafür zu sorgen, dass die Hilfslieferungen zur Bevölkerung gelangen und nicht von Hamas gestohlen werden können.»