15. Juni 2025
Washington Post «Iraner reagieren mit Angst und Hoffnung auf israelische Angriffe»
Die gezielten Angriffe Israels auf das iranische Atomprogramm und militärische Führungspersonal lösen in der iranischen Bevölkerung widersprüchliche Reaktionen aus. Zwischen Erleichterung über die Schwächung eines unterdrückerischen Regimes und Sorge vor einem Krieg schwanken viele Iranerinnen und Iraner zwischen Hoffnung und Angst.
Als Israel am Freitag seine Angriffe auf militärische und nukleare Ziele in Iran begann, reagierten viele Bürgerinnen und Bürger mit gemischten Gefühlen. Einige äusserten Freude über die gezielte Tötung von Revolutionsgarden-Kommandanten und Atomwissenschaftlern – Personen, die sie für Repression und Tod verantwortlich machen. Andere fürchten die unkontrollierbare Eskalation eines Krieges.
So berichtete eine Frau aus Rascht, sie habe sich über den Tod der Verantwortlichen gefreut – Menschen, die viele Iraner unterdrückt und getötet hätten. Gleichzeitig spüre sie Sorge über die Folgen. Auch eine Mutter aus Täbris schilderte ihre widersprüchlichen Gefühle – zwischen Verständnis für die Angst vieler Menschen und der Hoffnung auf Veränderung.
Behörden versuchen öffentliche Meinung zu kontrollieren
Viele Iraner äusserten sich im Schutz der Anonymität, aus Angst vor Repressionen. In Teheran und anderen Städten blieb das öffentliche Leben zunächst weitgehend ruhig, auch weil das Wochenende mit dem schiitischen Feiertag Eid al-Ghadir zusammenfiel. Doch hinter dieser Normalität verbergen sich Stress, Angst und kollektive Kriegserinnerungen, etwa an den Iran-Irak-Krieg der 1980er-Jahre.
Gleichzeitig versuchten die Behörden, die öffentliche Meinung zu kontrollieren: Internetzugang wurde eingeschränkt, VPNs blockiert. Währenddessen organisierte das Regime Demonstrationen, in denen Teilnehmer mit Bildern getöteter Generäle gegen Israel protestierten und zur vollständigen Vernichtung des jüdischen Staates aufriefen.
Regimekritische Stimmen zeigen sich erleichtert
Trotzdem zeigte sich bei vielen regimekritischen Stimmen auch Erleichterung über die militärischen Schläge. Ein Mann aus Bandar Abbas sagte, er sei so glücklich wie seit zehn Jahren nicht mehr – selbst ein Krieg sei besser als das Leben unter dieser Regierung. Eine Frau in Hamadan berichtete, viele Menschen hätten die Feiertagsfreude offenbar genutzt, um verdeckt die Angriffe Israels zu feiern.
Premierminister Benjamin Netanjahu richtete sich in einer Videobotschaft direkt an das iranische Volk: «Unser Kampf ist nicht gegen euch – sondern gegen das mörderische Regime, das euch unterdrückt und verarmen lässt.»
Den ungekürzten Artikel der Washington Post (Englisch, Bezahlschranke) finden Sie hier