22. Mai 2025
The Times of Israel: Wie der Gaza-Krieg beendet werden kann – das sagen 11 gewichtige Stimmen
Mehr als 19 Monate nach dem Massaker der Hamas vom 7. Oktober 2023 in Israel mehren sich die Rufe nach einem Kriegsende, auch unter früheren Unterstützern. In The Times of Israel zeigen elf Experten Wege auf.
Umfragen zeigen, dass die meisten Israelis ein Ende des Kriegs durch Verhandlung, statt mit militärischen Mittel bevorzugen, um die Geiseln freizubekommen. Laut einer Umfrage unter Palästinensern in Gaza befürworten nur 36 % den bewaffneten Kampf.
Trotzdem dauert der Krieg an. The Times of Israel hat elf Expertinnen und Experten aus Israel, den USA und Palästina gefragt, wie ein realistischer Weg zu einem Ende des Krieges aussehen könnte. Konsens herrscht darüber, dass ein Ende nötig ist – doch die Wege dorthin sind umstritten:
Ein Teil setzt auf einen diplomatisch-politischen Ausstieg mit internationaler bzw. regionaler Beteiligung. Externen Druck soll insbesondere durch US-Präsident Donald Trump und arabische Staaten kommen, um die Hamas zu schwächen und eine neue Verwaltung für Gaza zu etablieren.
Ahmed Fouad Alkhatib (Realign for Palestine, Atlantic Council)
- Die Kriegsführung ist gescheitert, sowohl für Zivilisten als auch Geiseln. Sofortiges Kriegsende nötig.
- Israels Rückzug ohne alternative Verwaltung würde Hamas zurückbringen.
- Lösung: Internationale und arabische Sicherheitskräfte plus PA-Elemente, schrittweise Hamas-freie Zonen schaffen.
- Ziel: Hamas-freie Zonen, schrittweise Aufbau und Wandel.
Dan Shapiro (ehem. US-Botschafter in Israel, Obama-Ära)
- Rolle Trumps ist entscheidend, aber er befeuerte unrealistische Erwartungen (z. B. «Gaza Riviera»). Jetzt muss er arabische Staaten mobilisieren, um die Hamas-Führung zu auzuschalten und Gaza wiederaufzubauen.
- Freilassung der Geiseln sollte Ausgangspunkt für ein Gesamtpaket sein.
- Lösung: Geiselfreilassung und Ausschaltung der Hamas-Führung durch arabischen Druck.
- Ziel: Gaza-Wiederaufbau und stabile Ordnung ohne Hamas.
Ghaith al-Omari (Washington Institute for Near East Policy)
- Innenpolitisch ist kein Ende in Sicht; externer Druck nötig.
- Lösung: Trump muss klare Forderungen an Israel und Araber stellen. Arabische Staaten sollen gemeinsam auf Hamas Druck machen (v. a. Katar).
- Ziel: Externe Koordination für Waffenstillstand.
Jeremy Ben-Ami (J Street)
- Lösung: Sofortiges Abkommen für Waffenruhe, Geiselfreilassung, humanitäre Hilfe. Danach: Governance-Plan für Gaza und regionale Integration.
- Ziel: Zwei-Staaten-Lösung.
Tamar Hermann (Israel Democracy Institute)
- Mehrheit der Israelis will Kriegsende nur mit Geiselfreilassung. Der Krieg wird im Alltag kaum gespürt – kein Druck auf Regierung.
- Impuls durch Saudische Annäherung möglich.
- Lösung: Hamas muss unter externem Druck Geiseln freigeben und internationale Kontrolle akzeptieren.
Ein weiterer Teil betont, dass ein Kriegsende ohne Zerschlagung der Hamas zu weiteren Angriffen wie am 7. Oktober führen würde. Sie sehen eine militärische Lösung oder Zonen mit gezielten Kapitulationsangeboten als realistisch.
David Friedman (ehem. US-Botschafter unter Trump)
- Unterstützt israelisch-US-amerikanischen Plan für humanitäre Korridore und sichere Zonen.
- Lösung: Die Hamas kann nur militärisch entfernt werden. Eine Wiederholung von 7. Oktober wäre sonst unausweichlich.
- Haltung: Kein Frieden ohne vollständige Zerschlagung der Hamas.
Einat Wilf (Politologin, Ex-Knesset)
- Kriegsende ist nötig, aber nur ohne Hamas-Herrschaft.
- Ideologische Abkehr vom «palästinensischen Opferkult» nötig.
- Lösung: Kapitulationszonen für Zivilisten und Hilfslieferungen an diese; andere Zonen bleiben Kriegsgebiet. Hamas muss verschwinden.
- Haltung: Frieden nur bei totaler Abkehr von Hamas-Ideologie.
Eylon Levy (ehem. Regierungssprecher Israel)
- Warnt vor kurzsichtigem Geisel-Deal ohne langfristige Strategie.
- Lösung: Kein Frieden mit der Hamas an der Macht. Versöhnung mit Hamas-Regime nicht möglich.
- Haltung: Jetzt oder nie – Hamas muss fallen.
Ein dritter Teil fordert ein sofortiges Ende des Kriege zugunsten eines umfassenden Geiselabkommens und politischen Neuanfangs. Netanyahu wird dabei als grösstes Hindernis gesehen.
Dahlia Scheindlin (Politanalystin, Haaretz)
- Die ursprüngliche US-vermittelte Waffenstillstandsvereinbarung wurde von Israel gebrochen.
- Rolle Trumps als Vermittler entscheidend.
- Lösung: Rückkehr zum echten Originalabkommen unter US-Druck (Trump) sei der realistische Weg.
Yardena Schwartz (Journalistin, Autorin)
- Netanyahu blockiert Deal, nicht Hamas.
- Militärstrategie habe Geiseln getötet, nicht gerettet.
- Lösung: Geiselfreilassung sofort, Waffenstillstand, neue Gaza-Regierung.
Yossi Klein Halevi (Shalom Hartman Institute)
- Israels Zusammenhalt basiert auf gegenseitigem Schutzversprechen.
- Lösung: «Hostages first» – Waffenruhe gegen vollständige Geiselfreilassung. Geiselfreilassung muss Vorrang haben vor militärischem Sieg.
- Danach: Fokus auf echte Bedrohung (Iran). Nach Waffenstillstand Fokus auf Irans nukleare Bedrohung – auch notfalls ohne US-Unterstützung.
- Haltung: Ethos gegenseitiger Verantwortung muss bewahrt bleiben.
Zum Artikel 11 thinkers from across the spectrum weigh in on what might end the Gaza war in The Times of Israel